Wie man einen Konflikt lösen sollte…
Geschrieben von H.U. Wyss am 13. Jul 2010Kürzlich hatte ich einen kleinen Streit mit einem Kollegen eines Kollegen. Da wurde mir klar, warum es für manche Leute sehr schwierig ist, einen Konflikt zu lösen.
So ging unser kleiner Streit vonstatten
Mein Handgelenk schmerzte mich. Ich glaube es war verstaucht oder so. Jedenfalls gab ich diesem Kollegen des Kollegen meine Hand und er drückte kräftig zu. Es schmerzte mich und ich sagte es ihm. Da drückte er kräftiger zu und ich sagte ihm lauter 615-544-7594 , es schmerze mich. Er drückte kräftiger zu. Irgendwann liess er dann los. Ich war sauer. Da sagte ich laut zu ihm, er hätte sich benommen wie ein Vollidiot und erklärte nochmals das mein Handgelenk verstaucht sei und es schmerze. Es war laut in unserer Umgebung und er war wohl betrunken. Er schien nicht zu begreifen, was er getan hatte. Nun wurde er böse, weil ich ihm gesagt hatte, er sei ein Vollidiot und er beschwerte sich deshalb lautstark bei mir. Ich schaute ihm mit dem finstersten Blick den ich drauf hatte in die Augen und sagte ihm er hätte sich benommen wie ein Vollidiot. Nach einer Weile schweigsam böse schauen, musste ich schmunzeln über diese Situation und meine Wut. Ich konnte das nicht mehr ernst nehmen und ging weg.
Später am Abend war dieser Kollege des Kollegen immer noch sauer und er fing immer wieder mit diesem Streit an und dass ich nicht so hätte schimpfen dürfen. Mich interessierte das nicht mehr und ich hatte keinen Bock mehr weiterzustreiten. Erst ignorierte ich seine erneuten Streitversuche, dann sagte ich: „Komm schon. Was passiert ist, ist passiert. Es ist jetzt vorbei. Jetzt gehts wieder von neuem los.“ Da hörte er auf.
Wie man einen Konflikt löst…
Als erstes muss man aufhören, Öl ins Feuer zu giessen! Man muss die Vergangenheit vergessen und die Situation annehmen, in der man sich jetzt befindet. Das heisst nicht mehr darüber nachdenken, wer was getan hat und wie man in diese Situation gekommen ist. Das ist jetzt nicht mehr relevant.
So und nun überlegt man, wie man sich in der jetzigen Situation verhalten soll. Die Frage ist: was muss jetzt getan werden, das für beide das beste ist?
Warum das manchen Leuten verdammt schwer fällt
Sie haben sich in den Gedanken verstrickt, dass sie den Konflikt gewinnen müssen.
Sie haben das Gefühl, dass sie etwas verlieren könnten, wenn sie aufhören zu streiten. Sie denken, dass sie ihre Ehre oder ihren Stolz bewahren müssen. Sie können nicht einfach loslassen und dann das tun was jetzt nötig ist.
Das ist auch der Grund, warum der Kollege meines Kollegen sich nicht einfach entschuldigen konnte. Dann wäre nämlich die Ursache für meine Wut sofort verschwunden und der Konflikt wäre unmittelbar vorbei gewesen.
Klar, auch ich hätte es einfach sein lassen können, als er meine Hand losgelassen hatte. Aber ich war wütend und da konnte ich das erst eine Minute später.
Ein politisches Beispiel
Kürzlich sah ich ein Gespräch mit Christoph Blocher, einem ehemaligen schweizer Bundesrat. Es ging um eine Geiselnahme von Schweizern im Ausland. Anscheinend überlegten sich verschiedene Politiker in diesem Zusammenhang, ob die Schweiz eine Sondereinheit ins Ausland schicken solle, um die Geiseln zu befreien.
Blocher kritisierte diese Überlegungen scharf. Er meinte, dass das gefährliche an der Situation sei, dass es eben die Aussicht gäbe zu gewinnen. Es fühle sich gut an, dass man diese Situation gewinnen könne. Aber es sei falsch. Denn man könne natürlich diese eine Situation gewinnen, aber danach würde der Konflikt weitergehen und könne bis zu einem Krieg führen.
Warum ich das überhaupt schreibe?
Was ich für die Konfliktlösung beschrieben habe, hat natürlich wieder einmal etwas mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun. Je weiter man ist, desto einfacher fällt es loszulassen und desto weniger will man den Konflikt gewinnen. Man möchte lieber den Konflikt beseitigen und jetzt eine Lösung finden, die für alle Beteiligten stimmt. Man möchte eine Win-Win-Situation herbeiführen. Natürlich ist das nicht so einfach, wenn der andere gewinnen will.
Das war übrigens wieder einmal eine Beschreibung, was es heisst, im jetzigen Moment zu leben!
5 Kommentare
Ben am 24. Juli 2010 um 13:27
Vor einigen Jahr hatte ich ein empfehlenswertes Buch über Konfliktmanagement gelesen, es heisst „Heilsame Konflikte“.
Übrigens ist mir beim Durchlesen deiner Story aufgefallen, dass du deine beleidigende Äusserung „Vollidiot“ nicht in Frage stelltest. Die war nämlich für die nachfolgende Eskalation mitverantwortlich. Dafür hättest du dich auch entschuldigen müssen, wenn du es schon von ihm verlangtest. Anstatt ihn zu beleidigen, hättest du ihm auch sagen können, dass du sein Verhalten unangebracht fandest.
Es braucht immer zwei Parteien um einen Konflikt eskalieren zu lassen, dass sollte man aber gar nicht erst zulassen. Wie du geschrieben hast gibt es aber Zeitgenossen, die unbedingt gewinnen müssen z.B. in einem Kampf. Dann gehts aber nicht mehr ums gewinnen, sondern verteidigen.
H.U. Wyss am 26. Juli 2010 um 13:30
Natürlich hätte ich mich entschuldigen können, wollte ich aber nicht. Denn es gibt Zeitgenossen, die verstehen nicht die Aussage „ich entschuldige mich“. Sie sehen es als ihren persönlichen Sieg und die feindselige Stimmung ist nachher nicht besser. Sie scheinen eine aggressivere Ausdrucksweise besser zu verstehen.
Was ich aber aussagen wollte in diesem Artikel ist etwas ganz anderes!
Der Konflikt ging zu Ende wegen meinem Desinteresse ihn weiterzuführen!
Dieses Desinteresse erhält man automatisch, wenn man sich persönlich weiterentwickelt!
Danke für deinen Kommentar!
Experience am 4. September 2010 um 21:06
Ich lese gerade ein Buch und musste dabei wieder an diesen Artikel denken. Denn schon beim ersten mal lesen fiel mir genau wie Ben der Punkt deiner Beleidigung unangenehm auf.
In dem Buch geht es u.a. um das Prinzip der Gegenseitigkeit. Menschen tragen das Bedürfniss in sich andere so zu behandeln, wie sie von anderen behandelt werden. Im positiven wie im negativen. Wenn uns jemand ein Stück entgegen kommt, gibt es den Drang auch dem anderen ein Stück entgegen zu kommen. Auch geht es darum, dass wir Menschen gut darin sind die Fehler der anderen Menschen zu beurteilen. Aber wir sind sehr schlecht darin uns und unsere eigenen Fehler zu sehen. Wir sehen nur unsere positive Absicht.
Auf das Beispiel bezogen hättest du dich tatsächlich für den Teilaspekt entschuldigen können, dass du ihn einen Vollidioten genannt hast. Und es hätte Folgendes passieren können: Dem Prinzip der Gegenseitigkeit folgend hätte, nachdem du einen Schritt auf ihn zugegangen bist, dieser Kollege einen Schritt auf dich zumachen können und sich für das feste Zudrücken entschuldigen können.
In deinem Kommentar schreibst du, dass es Zeitgenossen gibt, die eine Entschuldigung nicht annehmen können. Das mag sein. Aber du kannst nicht wissen, ob dieser Mensch, in dieser Situation, dazugehört hätte. Das hättest du nur durch Ausprobieren rausfinden können. Alles vorher ist Spekulation, Vorurteil und Projektion deines Verstandes.
Aber ich habe auch verstanden, worum es dir in diesem Artikel geht. Und es ist schön, dass man mit zunehmender Erfahrung weniger Interesse an unnötigen Statusspielen behält.
H.U. Wyss am 6. September 2010 um 13:44
Experience, ich weiss schon, dass der Verstand all die Dinge interessant finde, die du hier beschreibst. Der Verstand denkt, dass die Lösung in der richtigen Antwort liege.
Nur lässt sich die Zufriedenheit, das Loslassen und der innere Frieden nicht über den Verstand und die Argumente, die du vorgebracht hast, erreichen.
Natürlich versuchen das praktisch alle Menschen, aber das geht nicht.
Ich wollte mit diesem Artikel einen Aspekt von Weisheit erläutern. Den Aspekt des Loslassens.
Mir ist schon klar, dass der Verstand das nicht begreift und er dann gerne über die Details diskutiert, zum Beispiel über die Interaktion, die ich mit dem Typen hatte. Und versucht anzugeben, was besser gewesen wäre. Aber das Problem liegt nicht dort!
Experience am 8. September 2010 um 17:44
Fuck! 🙂
Ich hab schon ne Menge gelesen, und vermutlich bringt mich Lesen nicht mehr voran, ABER:
Ich bin gespannt auf dein Buch! 😉
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