Ego Bewusstsein und gesunder Menschenverstand
Geschrieben von H.U. Wyss am 25. Jun 2012Hier sind ein paar Leserfragen zum Thema „Ego Bewusstsein“. Der Leser fragt, ob ich seinen Aussagen zustimme…
Was in uns produziert Gefühle und Emotionen?
Der Ego-Verstand, darum sollte man all seine Gefühle in Frage stellen außer die Wahre Liebe und den Frieden, die das Sein ausstrahlt.
Mir erscheint die Frage, woher die Gefühle kommen unwichtig. Tatsache ist schlicht, dass sie da sind.
Ich weiss nicht recht, was du mit Ego-Verstand meinst. Ich weiss auch nicht, warum man seine Gefühle in Frage stellen soll. Sie sind ja da. Da gibt es nichts zu diskutieren.
Ich finde man soll sie akzeptieren und dann etwas daraus machen. Die Gefühle zeigen uns Menschen auf, mit welchen Bereichen wir zufrieden sind und wo Handlungsbedarf besteht.
Ich sehe nicht, warum Liebe oder Frieden da anders sein sollten. Klar, in der Erleuchtungsliteratur werden diese beiden als so eine Art „Grundzustand“ beschrieben, aber ich finde damit wird mehr Verwirrung gestiftet als dass die Aussage jemandem etwas nützt.
D.h. jedes negative Gefühl kommt aus der sozialen Programmierung und ist somit unecht.
Das würde heissen, dass „nachher“ (wenn man mit sich im Reinen ist) keine negativen Gefühle mehr auftauchen könnten.
Das kann doch nicht stimmen!
Hast du schon die Aussage gehört „vorher Holz hacken und Tee trinken, nachher Holz hacken und Tee trinken.“? Es werden immer auch negative Gefühle auftauchen und wieder vorbeigehen. Das ist nun mal so. Erleuchtung ändert da gar nichts.
Und etwas zu der sozialen Programmierung. Du redest darüber, als wäre das etwas sehr Böses, das man sofort loswerden müsse. Ich finde es ist schon in Ordnung, dass in unserer Gesellschaft ein gemeinsames Gedankengut existiert. Schliesslich wollen wir nicht in jeder Situation das Rad neu erfinden müssen. Klar wollen wir nicht beeinflussbar und manipulierbar sein und in vielen Bereichen ist tatsächlich die allgemeine Meinung ziemlich falsch. Übrigens: mit sich im Reinen sein, bringt nicht diese falschen Meinungen und Vorstellungen zum Verschwinden. Dazu gibt es den gesunden Menschenverstand…
Ein mit dem Verstand identifizierter Mensch versetzt sich oft ins Drama, wo Gefühle und Verstand sich allerdings widersprechen.
Was ist ein mit dem Verstand identifizierter Mensch? Ich weiss schon, dieser Begriff kommt in Büchern über Erleuchtung vor. Aber was ist das?
Ich habe einen Verstand. Ich bin nicht der Verstand. Ok. Aber mit dem Verstand identifiziert? Wie soll das sein? Wie drückt sich das aus?
Ich nehme an, es ist das gleiche gemeint wie wenn ich sage „ohne Brille“. Aber glaub mir, mit dem normalen und gesunden Menschenverstand machen diese Aussagen keinen Sinn. Und es ist auch gar nicht wichtig, dass man da irgendwas versteht. Es ist wirklich egal.
Ich finde der Ausdruck „mit dem Verstand identifiziert“ verwirrt mehr als er nützt. Ich kann dir aber eins sagen: Wenn die Suche vorbei ist, dann fühlt sich das mit dem Verstand genau gleich an wie vorher. Da verändert sich nichts. Meine Beziehung zu meinem Verstand hat sich nicht verändert.
Also, mach dir keine Gedanken, wenn du nicht weisst was „mit dem Verstand identifiziert“ heisst, und mach dir auch keine Gedanken, ob es auf dich zutrifft oder nicht.
Ein Mensch, der mit sich im Reinen ist kann auch alles aus der Vergangenheit vergeben und z.B. mit einem Menschen zusammen sein, der ihn sehr enttäuscht hat.
Wenn die Suche vorbei ist, so ist es vielleicht tatsächlich so, dass man vergeben kann. Aber ich würde sagen mehr weil man es einfach vergisst auf jemanden sauer zu sein. Das heisst allerdings nicht 615-544-7507 , dass man nicht sauer oder verärgert sein könne, wenn jemand etwas Böses tut. Und es heisst auch nicht, dass man keine Rachegelüste oder -gefühle mehr verspüren würde. Aber ich vermute, dass man den Ärger vergisst, weil man sich auf die „neuen“ Dinge konzentriert, die anstehen. Ich behaupte also auf keinen Fall, dass ich keine „bösen“ Gefühle oder Gedanken mehr hätte. Ich finde es wäre vollkommen absurd, wenn jemand so etwas von sich behaupten würde!
So, nun ist die Suche also zu Ende und du fragst, ob man dann mit jemandem zusammensein will oder kann, der einen enttäuscht hat. Vielleicht, vielleicht nicht. Ich habe keine Ahnung.
Wenn für jemanden die Suche zu Ende ist, so heisst das nicht, dass er dann irgendwie magische oder sonstwelche Kräfte erhält oder so etwas. Ich weiss schon, dass man diesen Eindruck erhalten könnte, wenn man gewisse Bücher zu diesem Thema liest. Ich kann damit allerdings gar nichts anfangen.
Und noch eine Bemerkung zum Schluss:
Mir scheint, dass du denkst, dass das Leben und die Gefühle usw. irgendwie anders werden, wenn du mit dir im Reinen bist. Das ist aber nicht der Fall. Schau dich einfach immer wieder einen Moment selbst an, dann wirst du das nach einer Zeit selbst sehen.
Ich hoffe das war hilfreich.
2 Kommentare
breed am 28. August 2012 um 13:25
Hi
Ich habe mich schon längere Zeit hier nicht mehr zu Wort gemeldet.
Nach über einem Jahr möchte ich gerade zu diesem Thema meine eigenen Erlebnisse berichten.
Ich habe nach Lektüre des Buches sehr oft damit begonnen “mich selbst anzuschauen“. Nach einer Weile fiel mir auf, dass die Zentrale Aussage, bei genauerer Betrachtung, auch in fast allen anderen Werken der Persönlichkeitsentwicklung zu finden ist. Nur häufig komplizierter umschrieben oder anders ausgedrückt.
Es ist ähnlich wie bei Tolle “Im Jetzt sein“ oder auch David Deida fordert dazu auf, zu erkennen dass man niemals “angekommen sein“ wird.
Nun gut… ich schaute mich selbst an, aber es passierte zunächst einmal lange nichts.
Irgendwann bemerkte ich jedoch dass ein großer Druck von mir abzufallen schien. Der Druck etwas tun, etwas erreichen zu müssen.
Hierbei bin ich jedoch nicht sicher, ob das am “selbst anschauen“ oder an der Auflösung der Illusion lag, dass die Dinge irgendwann einmal grundsätzlich anders sein würden. Dass man irgendwann angekommen sei. Was ja mehr eine Erkenntnis ist, und darum soll es ja nicht gehen.
Diese Feststellung nahm dann zwar einen großen Druck, aber gleichzeitig auch fast jegliche Motivation. Es schien sinnlos bestimmte Ziele zu verfolgen, weil ich merkte dass sie mich in ihrem Wesen nicht mehr so sehr interessierten.
Ich hatte sie vermutlich einst verfolgt, weil ich mir etwas davon versprach, woran ich nun kein Interesse mehr hatte oder was mich nun sogar anwiderte.
In einem nächsten Schritt litt dann aber auch meine Motivation bestimmte Pflichten zu erfüllen. Beispielsweise die Ausbildung überhaupt noch fertig zu machen. Zwar ziehe ich das nach wie vor durch, doch eher notgedrungen weil ich bereits viel Arbeit investiert habe und ich kurz vor dem Abschluss stehe. Das spätere Berufsfeld interessiert mich jedoch nicht mehr und derzeit wirds mir grau wenn ich daran denke dort zu arbeiten.
Ich überlege oft nach Alternativen, doch diese präsentieren sich mir genauso wenig, so dass ich immerhin froh bin diese Sicherheit noch zu haben, da die Ausbildung einen sicheren Job mit gutem Grundgehalt verspricht.
Nun ist dieser Zustand seit längerem unverändert.
Wo anders habe ich mal gelesen, dass dies normal sein kann. Dass sich weitere Lebensziele in solchen Phasen nach einer Weile zu erkennen geben. Dass man durch die Demotivation für bestimmte Dinge seinen wahren Zielen näher käme.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass mich dann der aktuelle Zustand wiederum extrem stört und ich wieder darauf aus bin, dass es irgendwann grundsätzlich anders sein wird.
Dann denke ich wieder, dass sich im Grunde nichts verändert hat und ich genauso weit bin wie vor der Lektüre des Buchs
H.U. Wyss am 2. September 2012 um 16:40
Hallo Breed
Danke für deine Rückmeldung. Ich freue mich von dir zu hören.
Was du hier beschreibst ist exakt was ich auch erlebt habe. Im Buch schreibe ich ja auch über diesen merkwürdigen Verlust der Motivation. Ich hatte auch eine Zeit lang den Eindruck, dass mich mein Beruf nicht mehr interessieren würde. Was mich vor allem interessierte, war der Motivationsverlust und der ganze Erleuchtungskram. Mit der Zeit vergass ich dann diesen Motivationsverlust und das andere Zeug. Dann interessierte mich mein „alter“ Beruf wieder. Die Motivation ist jetzt wieder „normal“, eigentlich wie früher vor der Suche. Im Grunde würde ich sagen alles ist wieder wie früher, nur ist die Suche fertig. Schwierig zu erklären. Diese Aussage kann man glaub nur begreifen, wenn mans erlebt.
Ich kann dir nur raten, deine Ausbildung wirklich durchzuziehen. Das ist eins von den wichtigen Dingen im Leben.
Und mach dir nicht zu viel Gedanken wegen der Motivation. Das kommt schon wieder. Wie ich im Buch beschrieben habe kannst du die Motivationstechniken benützen. Die halfen mir einige Zeit um mich nicht mies zu fühlen. Dann irgenwann brauchst du sie einfach nicht mehr und du siehst das alles aus einer anderen Perspektive.
Mir ist klar, dass ich durch diesen Text eigentlich nichts in dir verändern kann. Ich hoffe jedoch, dass dich der Text etwas beruhigen kann, so dass du siehst, dass es normal ist was du erlebst.
Ich bin überzeugt, dass die bewussten Momente dich durch diese etwas merkwürdige Zeit bringen.
Beste Grüsse
Hinterlasse deinen Kommentar!